Reisen

Jakobsweg (2022)

Etappe 9: Ponte Sampaio – Pontevedra

Das Frühstück im Hotel wurde wieder von der genervten Dame serviert, die noch immer darauf bestand ausschließlich Galicisch zu sprechen. Sie fragte uns ob wir Milch bräuchten. Ich versuchte ihr auf spanisch zu erklären, dass dies nicht der Fall sei, nur damit sie uns kurz darauf dennoch eine Kanne mit Milch auf den Tisch stellte. Das Frühstück wurde in Form eine großen Buffets serviert und das obwohl weiterhin außer uns nur noch der eine Mann da war. Nichtsdestotrotz war es aber recht lecker. Ganz links befanden sich zwei große Pumpkannen. Auf der einen stand Kaffee und auf der anderen Wasser (immerhin auf Spanisch!) geschrieben. Als ich mir nach meinem morgentlichen Kaffee noch einen Tee machen wollte, kamen da aber nur ca. 50ml kaltes Wasser mit irgendwelchen Fusseln drin raus. Als die Dame das sah, rollte sie wiederholt mit den Augen bevor sie zu mir kam und mir (diesmal endlich auf Spanisch!) mitteilte sie hätte doch gesagt, dass die Kanne kaputt sei. Daraufhin schnappte sie sich meine Tasse mit dem Teebeutel und brachte mir kurz darauf meinen Tee mit einem weiteren Augenrollen zum Frühstückstisch. Andere Leute hätten sich an dieser Stelle wohl sehr aufgeregt. Vielleicht ist das ja die Magie des Jakobsweges, aber ich fand es an diesem Punkt eher amüsant wie diese Frau auf ahnungslose Tourist*innen losgelassen wird.

Immerhin viel uns der Abschied auf diese Art nicht besonders schwer und so brachen wir auf zu unserer kürzesten Etappe. Gegen Mittag erreichten wir bereits unser gerade einmal knapp 12km entferntes Ziel Pontevedra. Die Alternative wäre 10km weiter zu laufen zu der einzigen Unterkunft die von hier aus noch an einem halben Tag zu erreichen wäre und die eine Pilgerherberge war von der wir noch nicht einmal wissen konnten ob sie geöffnet hatte. Daher machten Kevin und ich aus stattdessen in Pontevedra zu bleiben und dafür den Nachmittag für ein wenig Sightseeing zu nutzen. Kurz vor dem Stadtzentrum fanden wir einen kleinen Bio-Laden, der auch Essen und Getränke servierte und beschlossen dort zu Mittag zu essen. Heute gab es sogar noch einen leckeren Nachtisch aus frischen Bio-Erdbeeren. Während wir gerade unsere ersten Bissen machten, winkte uns auch schon wieder Li vom Ladeneingang aus zu. Er hatte ebenfalls vor in Pontevedra zu bleiben, um sich die Stadt anzusehen. Mittlerweile war Li zu einer Konstante auf unserem Jakobsweg geworden und wir fragten uns jeden Morgen auf’s Neue wo wir ihn heute treffen würden.

Wir fanden eine Unterkunft direkt an der Plaza Alfonso de Fonseca mit einem hübschen Brunnen. Die freie Zeit nutzten wir zunächst zum Wäsche waschen bevor wir aufbrachen die Stadt zu erkunden. Kevin stärkte sich mit einer spanischen Limonade namens Kas Limon, die ihn sehr begeisterte, und wir suchten einen Schreibwarenladen auf um uns eine kleine Mappe zu kaufen in der wir dann unsere Compostelas transportieren können, wenn wir sie in Santiago bekommen werden. Eigentlich wollten wir noch die Kuppel der örtlichen Pilgerkirche besuchen, allerdings war mal wieder Siesta und die Kirche war zu. Stattdessen statteten wir dem Pontevedra Museum und dem damit verbundenen Museum für moderne Kunst einen Besuch ab. Beide Museen waren nicht gerade weltbewegend, aber immerhin war der Eintritt kostenlos und wir konnten ein wenig über die Region lernen. Als wir am Abend noch einmal durch die Stadt liefen hatte die Pilgerkirche dann doch geöffnet und wir konnten die Kuppel erklimmen. Leider hatten wir zu dem Zeitpunkt unsere Pilgerpässe bereits nicht mehr dabei, da sie sich in der Unterkunft befanden. Also drückte der Pfarrer uns stattdessen jeweils ein Bildchen der Jungfrau Maria in die Hand auf dessen Rückseite er die Stempel drauf getan hat. Das war tatsächlich eine sehr nette Geste und gleichzeitig ein cooles Andenken.

Schließlich haben wir uns zu Abend etwas besonderes herausgesucht. So befand sich in Pontevedra ein Käserestaurant und der Name war Programm: Hauptsächlich wurde Käse serviert. Dabei gab es unzählige Käsesorten welche unterschiedlich miteinander harmonierten. Ich bestellte mir einen Salat mit Blauschimmelkäse, während Kevin sich einer absoluten Perversion hergab: Er bekam einen großen runden Teller mit Schinken auf dem geschmolzener Käse und das entsprechende Fett schwammen. Ja, es war guter Käse, aber Kevin hat diese Portion fast in die Knie gezwungen und danach konnte er wahrscheinlich fürs erste keinen Käse mehr sehen.

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