Reisen

Jakobsweg (2022)

Porto

In Porto angekommen ging es für uns als erstes zur Kathedrale, um dort unsere ersten Stempel zu erhalten. Hierfür mussten wir vom Flughafen aus den Bus nehmen, der uns quer durch die Stadt transportierte. Wir hatten den ganzen Tag noch nichts richtiges gegessen und waren entsprechend hungrig, da kam es uns entgegen, dass wir kurz nach dem Aussteigen einen Laden fanden, der Pastel del Bacalhau anbot. Wir wussten beide nicht genau was das war, aber es sah lecker aus. Der Verkäufer war lediglich enttäuscht, dass wir keinen Portwein dazu haben wollten. Pastel del Bacalhau sieht so ähnlich aus wie eine Kartoffelkrokette und schmeckt auch so. Unser Pastel hatte zudem noch eine Füllung aus aromatischem Käse, was das Ganze wirklich sehr lecker machte. Erst später erfuhren wir, dass Bacalhau Kabeljau ist und es sich somit um Fischkroketten handelte. Nach der kurzen Stärkung ging es weiter zur Kathedrale. Unterwegs erwischte uns ein ordentlicher Regenschauer der für den Rest des Tages immer wieder kommen sollte. Na hoffentlich wird das auf dem Jakobsweg nicht auch so! Schließlich erreichten wir die Kathedrale und bekamen unsere ersehnten Stempel. Wenn man mehr als 100km zu Fuß oder mehr als 200km auf dem Fahrrad oder zu Pferd absolviert hat, bekommt man in Santiago die sogenannte Compostela, was eine Urkunde ist die bezeugt, dass man hierher gepilgert ist. Um zu beweisen, dass man sich quasi an die Regeln gehalten hat, muss man jeden Tag mindestens einen, besser sogar 2, Stempel vorweisen mit Datum. Hierfür gibt es offizielle Stempelheftchen, die sogenannten Pilgerpässe (Credencial del Peregrino). Es gelten auch nur die offiziellen Pilgerpässe. Läuft man den Jakobsweg zum ersten Mal, so will man sich die Compostela am Ende natürlich nicht entgehen lassen. Außerdem gibt es Pilgerherbergen, die man nur mit dem entsprechenden Pilgerpass nutzen kann. Zudem sind die Pilgerpässe tolle Andenken, da einige Kirchen, Cafés und Herbergen wirklich schöne Stempel haben.

Nun hatten wir also unseren ersten Stempel und waren von da an offiziell Pilgernde. Da wir uns aber noch in Porto, einer Großstadt, befanden, führte unser Weg uns als nächstes zu einem eher konventionellen Ziel: Unserem gebuchten AirBnB. Tatsächlich legten wir hierhin aber schon unsere ersten Meter auf dem Jakobsweg zurück, da es von der Kathedrale über den Jakobsweg zur Unterkunft ging. Porto ist natürlich im allgemeinen eine Stadt die auf Tourismus, auch fernab des Jakobswegs, ausgelegt ist. So wurden wir ganz klassisch mit Portwein und Pastel de Nata (ein typisch portugiesisches Blätterteigtörtchen mit einer Füllung aus Pudding) begrüßt. Außerdem gab es sogar Netflix. Die Frau, die uns durch die Unterkunft führte, war sehr freundlich. Wir fragten sie direkt nach ein paar Tipps was man heute noch in Porto machen könnte (mittlerweile war es schon fast 17:00 Uhr) und kurz darauf schickte sie uns eine Nachricht mit Sehenswürdigkeiten und Ausgeh- und Essenstipps. Somit blieben wir gar nicht lange in der Unterkunft, sondern machten uns auf so viel von der Stadt zu besichtigen wie es nur möglich war. Dabei fiel uns auf, dass Porto zwar einst eine sehr schöne Stadt war, nun aber viele Gebäude verlassen und zum Teil zerfallen waren. Hinzu kam eine große Zahl an Obdachlosen auf den Straßen. Bestimmt hat die Corona-Pandemie viele Leute, nicht nur in Portugal, in die Armut getrieben, jedoch wirkte es so als bestünde das Problem mit den verlassenen Gebäuden und der Obdachlosigkeit schon länger. Ich frage mich ob es eventuell mit der Finanzkrise gegen 2010 zusammenhängt, habe darauf jedoch keine klare Antwort gefunden. Nichtsdestotrotz war es interessant durch die Gassen Portos zu laufen und die Stadt kennenzulernen, auch wenn das Wetter, wie bereits berichtet, nicht ganz mitspielte.

Schließlich haben wir noch einen Restauranttipp unserer Hosts in die Tat umgesetzt und sind in ein kleines Lokal gegangen in denen es Pernil Sandwiches gab. Dabei handelt es sich um eine portugiesische Spezialität: Sandwiches mit zart gegarter Schweineschulter. Nach einer Vorsuppe kam auch schon unsere Bestellung. Wir hatten beide noch zusätzlich lokalen Käse auf unserem Sandwich und ich erlaubte mir noch die Option mit in Portwein marinierten Zwiebeln. Da das Restaurant sehr voll war, hatten wir Plätze an der Theke, was in dem Fall aber sogar ziemlich cool war, da wir dadurch sehen konnten wir unsere Bestellung zubereitet wurde. Ein großes Stück Fleisch schwamm in seinem eigenen Saft und garte da langsam vor sich hin. Der Koch schnitt dünne Scheiben davon ab, platzierte sie auf unseren Brötchen und ließ zum Schluss noch etwas von dem Saft drüber laufen. Und ja, was soll ich sagen? Es war genau so lecker wie es sich anhört. Zudem ist Portugal deutlich günstiger als Deutschland, was das Ganze auch noch wirklich preiswert machte. Satt und zufrieden gingen wir zurück in unsere Unterkunft, wo wir noch etwas Netflix guckten und schließlich schlafen gingen. Eigentlich wäre es klug gewesen sich vor so etwas wie dem Jakobsweg noch einmal gut auszuruhen. Ich hatte die Rechnung jedoch ohne das Schaufenster auf der gegenüberliegenden Straßenseite gemacht, welches ununterbrochen Werbevideos auf einem Bildschirm abspielte. Bei der Werbung ging es ausgerechnet auch noch um mentale Gesundheit. Und so fühlte ich mich wie gerädert, als wir am nächsten Tag zu unserer ersten Etappe aufbrachen.

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