Reisen

Skandinavien (2021): Von Thüringen zum Nordkap und zurück

Inhalt/Content

Willkommen in Schweden?

In fernen Galaxien

Auch als wir die Grenze nach Schweden überquerten, machte der Regen keine Pause. Zudem gab es unzählige Schlaglöcher, denen wir immer wieder ausweichen mussten. Unsere erste Station in Schweden war das Esrange Space Center in Kiruna. Von hier aus werden Ballons und Raketen gestartet und es wird aktiv zum Thema Weltall geforscht. Das Areal an sich ist gut geschützt und Betreten ist strengstens verboten, aber es gibt dennoch direkt daneben ein kleines Besucherzentrum, welches man auch noch komplett kostenlos besuchen kann. Um das Besucherzentrum rum sind auch noch einige Raketen ausgestellt. Im Empfangsbereich befinden sich Bücher für Kinder aber auch Fachliteratur. Zudem gab es kostenlos Kaffee, Tee und Kekse. Man kann es sich hier also mit einem Buch über unser Universum und einer warmen Tasse Kaffee in einer extra dafür angelegten Sitzecke gemütlich machen und in ferne Galaxien abtauchen. Die eigentliche Ausstellung im Besucherzentrum ist recht klein, aber dennoch sehr informativ mit zahlreichen ausgestellten Messinstrumenten, Raketen und einem Infofilm in Dauerschleife. Das Ganze ist selbst für diese Region eher abseits gelegen, aber wenn man mal mit einem Auto in der Gegend ist, so hat man hier einen spannenden und lehrreichen Besuch.

Jede Menge Chaos

Die wohl größte Attraktion in Kiruna ist wohl das Eishotel. Der Name ist hier Programm: Es handelt sich um ein Hotel, welches komplett aus Eis besteht. Der alleinige Eintritt in das Hotel kostet bereits stolze 30€ pro Person und davon wie viel die Zimmer da kosten (wenn man überhaupt auf Eis gelegt schlafen will) wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Dennoch wollten wir es uns zumindest von außen anschauen, was jedoch wirklich sehr unspektakulär war. Aufgrund der starken Isolation sah man so gut wie gar nichts. Nur wenn Leute, die tatsächlich bereit waren den Preis zu zahlen, eintraten oder heraus gingen, konnten wir etwas erkennen, als sich der Eingang für einen Spalt öffnete. Sichtlich unbeeindruckt (das Wetter hatte sich auch noch nicht gebessert) fuhren wir weiter in das Stadtzentrum von Kiruna.

Kiruna war von allen Städten, die wir auf dieser Reise gesehen haben, wahrscheinlich die langweiligste. Die Gebäude waren einfach nur matte Blöcke und man sah kaum Menschen auf den Straßen. Es gab zwar nichts, was einem negativ ins Auge fiel, aber es gab auch nichts was schön war. Die einzige Ausnahme bildete die alte Holzkirche der Stadt, die wir aber nicht besichtigen konnten, da dort gerade eine Totenmesse abgehalten wurde. Ernüchtert (und wie immer nass vom Regen), setzten wir uns in ein Café in einem Einkaufszentrum und nutzten das W-Lan, um die nächsten Tage etwas genauer zu planen. Hier in Schweden hatten wir nämlich noch ein Problem, welches wir in der Form sonst noch nirgendwo anders hatten: Wir hatten absolut keinen Handyempfang. Weder Telefonie noch mobile Daten funktionierten. In einem Forum habe ich gelesen, dass in Nordschweden noch ältere Frequenzen verwendet werden, welche von unseren deutschen Simkarten nicht mehr unterstützt werden, aber ob das stimmt konnte ich bis dato nicht weiter recherchieren. Als wäre das nicht genug, kam auch noch direkt eine weitere schlechte Nachricht auf: Eigentlich wollten wir in den Elchpark Älgens Hus nach Bjurnholm. Dies sollte eine unserer Hauptattraktionen in Schweden werden anhand der wir auch unsere gesamte Route durch das Land ausgelegt haben. Erschreckend las ich im Kleingedruckten der Webseite aber, dass der Park im Sommer gar nicht geöffnet ist. Das war’s also mit der Hauptattraktion und unserer geplanten Route. Nach einiger Recherche stellten wir fest, dass es noch einen weiteren Elchpark in Schweden gibt, Moose Garden, der eigentlich zu der Jahreszeit eher selten geöffnet hat, aber am Sonntag einen Elch-Spaziergang veranstalten soll. Der Haken an der Sache war, dass es natürlich ganz woanders war als Älgen Hus. Also verbrachten wir die nächste gute halbe Stunde damit unsere gesamte Route für die nächsten Tage umzuplanen, sodass wir am Sonntag beim Elch-Spaziergang dabei sein können.

Kein Netz und kein Wasser, aber wenigstens ein Dach über dem Kopf

Das nächste Chaos ließ nicht lange auf sich warten, denn wir hatten noch keinen Campingplatz für unsere erste Nacht in Schweden. Nach einer kurzen Online-Recherche fanden wir uns in der Rezeption eines viel zu teuren Hotels wieder, welches online von sich behauptet hatte ein Campingplatz zu sein. Wir schauten uns gar nicht erst die Preisliste an, sondern machten auf dem Absatz kehrt und steuerten den nächsten Campingplatz an, der allerdings ausgebucht war. Leicht verzweifelt setzten wir uns wieder in den Wagen und steuerten den nächsten Campingplatz an. Theoretisch gilt auch in Schweden das Jedermannsrecht, sodass man überall campen darf, allerdings wollten wir nicht auf eine Dusche und auf W-Lan (wir hatten noch immer kein Netz) verzichten. Hätten wir gewusst wie die Suche nach einer Unterkunft für uns ausgeht, wäre wild campen wahrscheinlich die bessere Option gewesen.

Der nächste Campingplatz war eine Mischung aus Autobahnraststätte und Campingplatz. Wenn wir schon so lange gesucht haben, beschlossen wir uns direkt eine Hütte zu nehmen. Der erste Eindruck war trotz allem ganz gut: Die Dame an der Rezeption war recht freundlich und konnte sogar wirklich gut Deutsch sprechen. Leicht skeptisch wurden wir dann bereits als wir gesehen hatten, wo die Hütten waren. Die waren nämlich ca. 10 min Fußweg von der Rezeption entfernt, während die Duschen, die Küche und alles andere direkt neben der Rezeption war. Wir beschlossen unsere Sachen in der Hütte abzuladen und einfach mit dem Auto zur Rezeption zurück zu fahren, um unser Abendessen vorzubereiten und uns zu duschen. Da der Campingplatz nicht gerade gut gelegen war und gerade sowieso eher Nebensaison war, hatten wir die gesamte Küche und die angrenzenden Duschen für uns. Gerade letzteres war gut, da man nicht viel Privatsphäre hatte. Es handelte sich eher um Duschen, wie sie in Sportumkleiden vorzufinden sind, und eine Trennung von Herren- und Damenduschen gab es auch nicht. Daher platzierten wir unsere Sachen demonstrativ vor dem Eingang zu den Duschen, sodass es offensichtlich war, dass da gerade jemand duscht. Unser Plan ging auf, denn niemand betrat die Duschen, sehr wohl aber das Servicehäuschen in dem sich Duschen, Klos und Küche befanden. Als wir raus kamen trafen wir eine Frau, die auf alle Wasserhähne Zettel klebte, dass man diese bitte nicht benutzen sollte. Hinter uns sperrte sie dann auch noch den gesamten Sanitärbereich zu. Wie sich herausstellte hatten Leute aus Versehen auf dem benachbarten Parkplatz, einem Rastplatz mit Toiletten der anscheinend auch den gleichen Leuten gehörte wie unser Campingplatz, die Klos verstopft. Jedes Mal wenn wir bei uns das Wasser aufdrehten, liefen drüben die Klos über, aber es war mittlerweile zu spät abends als dass das jemand noch am gleichen Tag reparieren würde. Also wurden die Sanitäranlagen stattdessen gesperrt und das Wasser wurde abgedreht. Wir hatten ordentlich Glück, dass wir es noch vorher geschafft hatten zu duschen. Auf meine Nachfrage nach einem funktionierenden Klo erwiderte die Dame lediglich, dass sich im Wald neben unserer Hütte ein Plumsklo befinden würde. Da ich alleine als Frau ungern spät abends neben einer Autobahnraststätte durch den Wald laufen wollte und selbst Kevin da so ziemlich gar keine Lust drauf hatte hieß es Einhalten bis zum nächsten Tag.

Zurück bei unserer Hütte stellten wir fest, dass sich in der Nachbarhütte eine Gruppe Finnen einquartiert hatten. Während sie mit einem ihrer Autos unseren Parkplatz zugestellt hatten (ich habe sie daraufhin aufgefordert umzuparken, was sie zum Glück ohne Widerworte gemacht haben), pinkelte einer von ihnen gerade gegen die Wand ihrer eigenen Hütte. Wir verbarrikadierten uns in unserer Hütte und stellten den Wecker auf 05:00 Uhr früh um so schnell es geht wieder abzureisen. Da die Entfernung zwischen Hütte und Rezeption mit W-Lan Router natürlich deutlich größer war als die Reichweite des besagten Routers, waren wir nun also doch ohne Sanitäranlagen und ohne Netz. Hätten wir das mal früher gewusst…

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19