Reisen

Skandinavien (2021): Von Thüringen zum Nordkap und zurück

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Und dann war Schweden plötzlich doch ganz hübsch

Zurück über den nördlichen Polarkreis

Die Stimmung am nächsten Morgen war eher Mau. Wir steuerten die nächste Circle K Tankstelle an und ich musste feststellen, dass die Kaffeeflatrate leider wirklich nur in Norwegen galt. Während wir weiter fuhren, fanden wir uns erneut am nördlichen Polarkreis wieder, mit dem Unterschied dass wir nun in Schweden waren und von Norden nach Süden fuhren. So cool die Überquerung des nördlichen Polarkreises auf der Hinfahrt war, so unspektakulär war das Ganze nun auf schwedischer Seite. Neben großen Schildern, die einen darauf aufmerksam machen sollten wo man sich da gerade befand, gab es noch einen Souvenirshop und ein Restaurant, aber da immer noch Nebensaison war, war beides geschlossen. Dadurch wirkte das ganze Areal wie ausgestorben. Wenig beeindruckt nutzten wir die Pause, um uns zumindest auf dem Parkplatz die Zähne zu putzen und ein paar Fotos zu schießen.

Arvidsjaur

Auch die Weiterfahrt hielt nicht viel Gutes für uns bereit, da wir einen 10km(!) langen Abschnitt einer Baustelle überqueren mussten auf dem nur Schotter lag und man nicht schneller als 8km/h fahren konnte. Ausgehungert erreichten wir unser nächstes Ziel, Arvidsjaur. Eigentlich wollten wir dort in ein schwedisches Restaurant gehen, jedoch hatten alle entsprechenden Restaurants geschlossen, sodass wir stattdessen den örtlichen Griechen aufsuchten, der aber trotzdem Elch- und Rentierfleisch auf der Karte hatte, was wir direkt bestellten und was auch ganz lecker war.

Kurz vor Arvidsjaur weckte ein Schild unser Interesse, das auf das Museum Hembygdsföreninh aufmerksam machte. So stiegen wir nach dem Essen ins Auto und drehten um, um das Museum aufzusuchen. Das war eine gute Entscheidung, denn wie sich herausstellte war Hembygdsföreninh ein heimeliges kleines Heimatmuseum. Dabei handelte es sich um ein traditionelles schwedisches Haus, welches man auf Spendenbasis besichtigen konnte. Neben einer Vielzahl an alten Gegenständen aus dem Alltag der ehemaligen Bewohner*innen dieses Hauses gab es auch Schaufensterpuppen in traditioneller Kleidung, die dem ganzen etwas Leben einflössen sollten. Im Obergeschoss des Hauses wurde Handwerkskunst verkauft und es gab ein kleines Café, wo ich neben meinem nächsten Kaffee auch meine erste Zimtschnecke in Schweden probierte, während Kevin den hausgemachten Apfelkuchen wählte. Zusätzlich gab es ein recht großen Außenareal mit mehreren Wanderwegen, die aber eher Spazierwege waren. So liefen wir den längsten, den gerade einmal 2,5km langen Prästtjärnsstigen. Der Weg führte uns um einen kleinen See an Sträuchern mit Beeren entlang mit kleinen Infoschildern zur örtlichen Flora und Fauna. Zusätzlich gab es ein kleines Labyrinth was seinem Namen eigentlich kaum eine Ehre machte, aber es war dennoch lustig es abzulaufen. Nach all den anfänglichen Schwierigkeiten waren wir nun also endlich im schönen Teil von Schweden angekommen.

Der Grund warum wir uns für Arvidsjaur als Ziel entschieden war Lappstaden, ein Areal mit zahlreichen traditionellen Holzhäuschen der Sami, welches frei zugänglich war und zum Teil auch heute noch von Sami-Familien benutzt wird, wenn auch nicht mehr zum wohnen. Das Gebiet war tatsächlich etwas kleiner als erwartet, aber trotzdem ganz interessant.

Ruhige Momente

Schließlich neigte sich der Tag dem Ende zu und wir steuerten den nächstbesten Campingplatz an. Dieser war eine seltsame Mischung aus Campingplatz und Sportzentrum mit Basketballfeld und Fitnessstudio. Meine Augen leuchteten auf bei dem Gedanken am Abend noch Sport machen zu können, jedoch fanden wir auch nach einer Viertelstunde Suche keinen einzigen Mitarbeitenden und an der Rezeption waren die Rollos heruntergezogen. Also setzten wir uns in Auto und riefen beim nächsten Campingplatz an um direkt zu reservieren. Dieser hatte zum Glück sogar noch freie Hütten (nun hatten wir uns schon an den Luxus gewöhnt und haben beschlossen nur noch in Hütten zu übernachten statt im Wagen). Der Campingplatz befand sich ein gutes Stückchen abseits auf einer Art Insel und war auch sonst fernab von jeglicher Zivilisation. Noch immer hatten wir kein richtiges Netz und auf dieser Insel war es aussichtslos das Handy überhaupt aus der Tasche zu holen. Was uns jedoch mehr wunderte war, dass man hier nur bar bezahlen konnte. Nachdem auf unserer Reise so gut wie niemand Bargeld verlangte und es zum Teil noch nicht einmal akzeptiert wurde, hatten wir kaum Scheine in unseren Geldbörsen. So kratzten wir nicht nur alle schwedischen Kronen zusammen, die wir hatten, sondern legten auch noch einen Großteil unserer verbleibenden norwegischen und dänischen Kronen drauf. Irgendwie schafften wir es unsere Hütte zu bezahlen und sie war es auch wirklich wert.

In die Hütte passte gerade einmal ein Etagenbett, ein Küchentisch mit zwei Stühlen und eine kleine Kochecke, allerdings wirkte sie dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, wirklich sehr gemütlich. Da es noch nicht allzu spät war, ging ich eine Runde joggen, während Kevin in der Hütte verblieb um ein Buch zu lesen. Mein kleiner Jogging-Ausflug war jedoch nur von kurzer Dauer, da mich ein ordentlicher Regenschauer erwischte. Dafür konnte ich aber unterwegs einen malerischen Regenbogen erspähen. Unsere restliche Zeit auf diesem Campingplatz würde man in Influencer-Kreisen wohl als Entschleunigung bezeichnen: Irgendwo im Nirgendwo aber trotzdem einladend und ohne irgendeinen Draht zur Außenwelt. Am nächsten Morgen entdeckte ich dann noch einen wahren Schatz in unserer Hütte: In einem der Küchenschränke befand sich ein vergilbtes Gästebuch. Der letzte Eintrag war vom Sommer 2020 und der allererste Eintrag war auf das Jahr 1995 datiert! Direkt zückte ich einen Kugelschreiber und verewigte uns in eben diesem Gästebuch. Mal schauen wer es als nächstes finden wird…

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