Reisen

Skandinavien (2021): Von Thüringen zum Nordkap und zurück

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Bessere Campingplätze, mehr Natur und unbegrenzt Kaffee

Eigentlich sollte unser nächstes Ziel Trondheim sein, aber als wir feststellten, dass der einzige Campingplatz der Stadt auch nur so ein fürchterlicher Stellplatz mit schlechten Rezensionen ist, wie schon in Oslo, beschlossen wir unsere Pläne etwas anzupassen. Da die Fahrt recht lang war und wir sowieso am Tag der Ankunft nichts mehr in Trondheim hätten unternehmen können, fuhren wir nicht bis nach Trondheim durch, sondern entschieden uns die Nacht auf einem Campingplatz in einem kleinen Örtchen eine Stunde vor Trondheim zu halten, welches Støren hieß. Während der Fahrt nach Støren machte ich meinen wohl wichtigsten Kauf in Norwegen: Bei einer Tankstelle des Anbieters Circle K (es gibt allerdings noch andere Tankstellenketten, die dies anbieten) kaufte ich mir einen Kaffeebecher verbunden mit einer jährlichen Kaffee-Flatrate für ca. 20€. Diesen Kaffeebecher konnte ich im ganzen Land kostenlos an jeder Circle K Tankstelle mit Kaffee, Cappuccino, Kakao, Tee oder sonstigen Heißgetränken befüllen. Wenn man bedenkt, dass ein Tankstellen-Kaffee in Norwegen 4-5 € kostet, lohnt sich dieser Becher also schon ab dem 5. Kaffee und zusätzlich hat man noch ein cooles Andenken. Wir hatten diesen Tipp in einem YouTube Video zu Norwegen erhalten und würden das allen, die planen nach Norwegen zu reisen, empfehlen. Vor allem wenn man mit dem Auto unterwegs ist, muss man ja sowieso immer wieder an Tankstellen halten, sodass man nur gucken muss welche Kette entlang der gewählten Route am häufigsten vorkommt. Hinzu kommt, dass es einige Tankstellen gibt, die tatsächlich sogar schön gelegen sind. So legten wir beim Fahrerwechsel eine kleine Mittagspause an einer Tankstellenfilliale mit einer Picknickfläche direkt neben einem schönen See ein. Wir setzten uns ins Gras, packten unsere Sandwitches aus und genossen die Aussicht und das an dem Tag wirklich schöne Wetter. Es klingt fast schon ironisch, aber diese Picknickfläche einer Tankstelle irgendwo im Nirgendwo in Norwegen war unser erster Berührungspunkt mit der wunderschönen Natur dieses Landes. Während der Fahrt fielen uns bunte Elch-Geweihe auf, die an Bäumen entlang der Straße befestigt wurden. Nach einiger Recherche fanden wir heraus, dass sie dazu dienen sollten, dass den Fahrer*innen nicht langweilig wird und sie sich somit konstant auf die Straße konzentrieren würden. Ich bin mir zugegeben nicht sicher, ob die Geweihe diesen Effekt wirklich erreichten, oder einfach nur eine schöne Deko am Straßenrand waren.

Støren

In Støren machten wir an einem kleinen Campingplatz halt, wo wir zunächst etwas warten mussten, weil die Besitzerin gerade noch nicht da war. Wir nutzten die Zeit um uns etwas umzusehen. Es war auf den ersten Blick klar, dass wir uns nun eher auf dem Land befanden: Der Platz war recht überschaubar, aber sehr grün. Er lag direkt an einem Fluss wo sich direkt daneben offenbar auch die besten Plätze befanden, welche allesamt von Dauercampern mit kleinen Vorgärten vor ihren abgestellten Wohnwagenanhängern besetzt wurden. Der Empfang des Campingplatzes bestand aus einer kleinen Holzhütte mit einer ebenfalls hölzernen Troll-Figur daneben. Triumphierend hielt der Troll einen Fisch in die Höhe und lachte. Vor der Hütte war eine Art schwarzes Brett an dem ein Whiteboard mit Highscores der größten im Fluss geangelten Lachse hing. Ein Herr namens Kenneth Moen war seit dem 01. Juni ungeschlagener Champion mit einem 16,5 kg schweren Lachs.

Nach kurzer Zeit erschien die Besitzerin des Campingplatzes, eine freundliche Dame um die 50, und wir konnten auf unseren Stellplatz. Da die Duschen hier 10 Kronen kosteten und wir Münzen brauchten, brachen wir kurz darauf wieder auf um einen kleinen Einkaufskomplex aufzusuchen, wo unter anderem auch ein Bankautomat war an dem wir Bargeld abheben konnten. Daneben war auch ein schöner Laden mit Souvenirs aus der Gegend, aber als wir diesen betraten, machte uns der Verkäufer darauf aufmerksam, dass sie in 2min schließen, sodass wir direkt wieder gehen mussten. Außerdem gab es noch einen Supermarkt in dem wir mal wieder unsere Einkäufe erledigten, und einen großen Ramschladen, wo ich mir ein zusätzliches Paar an dicken Socken und eine Fleecedecke holte, da es mittlerweile vor allem nachts echt kalt wurde. In einer kleinen Hütte auf dem Campingplatz befand sich eine Küche, in der wir uns unser Abendessen zubereiteten: Eine Gemüsesuppe mit Fiskeboller, norwegischen Fischklösen. Diese waren tatsächlich sehr lecker und schmeckten gar nicht großartig fischig sondern eher wie normale kleine Klöße. Die Suppe wärmte uns noch einmal von innen auf bevor die kalte Nacht im Auto anbrach.

Am nächsten Morgen packten wir wieder alles zusammen und brachen auf. Bevor es weiter ging, machten wir noch kurz halt bei der einzigen richtigen Sehenswürdigkeit von Støren, einer alten Holzkirche. Diese war umgeben von einem kleinen Friedhof und gegenüber der Kirche war das Gebäude aus irgendeinem Grund noch als Miniatur in Größe eines Erwachsenen zu bewundern. Nach ein paar obligatorischen Fotos ging es dann auf nach Trondheim.

Trondheim

Am Tag vor unserer Abreise nach Polen ein paar Wochen zuvor war Kevin, wie im dazugehörigen Post beschrieben, beim Volleyball spielen umgeknickt. Mittlerweile war sein Fuß zwar noch nicht komplett verheilt, aber schon gut genug als dass wir uns nach einem kurzen Zwischenstop bei einer Apotheke, wo Kevin sich einen neuen Stützstrumpf für sein Fußgelenk kaufte, an unsere erste kleine Wanderung heran trauten. Wir planten den als einfach markierten Ladestien Trail zu laufen, welcher entlang der nördlichen Küste der Stadt verlief und auch nicht allzu lang war.

Der Weg fing sehr schön an mit tollen Blicken auf die Küste und aufs Wasser, jedoch wurde er gegen Ende etwas monoton und unsere Mägen fingen an zu knurren. Irgendwie hatten wir beide ab einem bestimmten Punkt schlichtweg keine Lust mehr weiter zu laufen. Mit Blick auf die Karte fanden wir einen kleinen Einkaufskomplex mit einem Burgerrestaurant und änderten kurzerhand unser Ziel. Das Restaurant überforderte uns zunächst in mehrerer Hinsicht. Zum einen waren die Preise ordentlich, die meisten Burger fingen bei umgerechnet 20€ an und das waren eher die simpleren Modelle. Zum anderen hatte das Burgerrestaurant den Bestellvorgang Corona-bedingt angepasst, um möglichst unnötige Kontakte zwischen Kunden und Personal zu ersparen. So wies man uns an uns an einen Tisch zu setzen und per Handy zu bestellen und direkt auch online zu bezahlen. Dafür befand sich ein QR Code auf jedem Tisch, der sich ziemlich schlecht scannen ließ. Erst nach mehreren Wiederholungen wurde der Code erkannt, nur damit wir feststellen konnten, dass die komplette Bestellseite nur auf norwegisch verfügbar war. Nach einer Odysse aus Kopieren und Einfügen in unseren Übersetzungs-Apps konnten wir aber schließlich unsere Bestellungen tätigen. Kevin entschied sich für eine Pizza mit Köttbullar und ich wählte einen Chili-Burger. Das Essen war in Ordnung aber nichts weltbewegendes. Kein Wunder, denn in Norwegen bediente dies eher die untere Preisklasse während wir für das gleiche Geld in Weimar im besten Restaurant hätten essen können. Direkt neben dem Restaurant war ein recht großes Zoogeschäft. Da wir natürlich auch Souvenirs für unsere Katzen brauchten, machten wir uns nach dem Essen auf das Geschäft zu erkunden. Tatsächlich wurden wir auch fündig. In unserem Einkaufswagen landete ein kleiner Futterspender, den man an einem Tisch fest machen musste und an dem ein Bällchen hing mit dem die Katzen spielen müssen damit Fressen raus kommt und ein Spielzeug aus dem Grumpy Cat – Franchise. Letzteres war aber anscheinend noch nicht im Kassensystem gelistet, weil es ganz neu eingetroffen war und so konnte die Verkäuferin uns das leider nicht verkaufen.

Als nächstes ging es zur wohl größten Attraktion Trondheims: Bakklandet. Bakklandet ist ein malerischer Stadtteil voller charakteristischer bunter Häuser, enger Straßen und dem Fluss Nidelva über den eine ikonische alte Holzbrücke führt. Die Straßen bestanden aus Pflastersteinen und überall waren hippe Cafés und kleine Designerläden. Da wir uns hier überhaupt nicht auskannten, haben wir einfach den Namen des Stadtteils in unser Navi eingetippt uns sind los gefahren. Das Navi hat dann auch genau das gemacht, was wir von ihm verlangt haben, es hat uns mitten in den Stadtteil rein geführt, bis wir auf einmal vor einem Schild standen, das darauf verwies, dass ab da die Fußgängerzone startet. An wenden war nicht zu denken und die einzige Straße in die man abbiegen konnte führte einen extrem steilen Berg hoch (gefühlt würde ich sagen, dass es sich um einen 75°-Winkel handelte). Erst später sollte uns auffallen, dass auch der Berg für Autos gesperrt war, wahrscheinlich aufgrund der Tatsache, dass er so extrem steil war. Das Schild übersahen wir in dem Moment jedoch schlichtweg. Ich drückte auf’s Gas und wie durch ein Wunder schaffte ich es hoch ohne abzuwürgen. Ansonsten wären wir wohl aber auch direkt rückwärts wieder runter gerollt, da die Handbremse der Borussia leider auch schon ihre besten Jahre hinter sich hatte. Oben war dann eher eine urbane Gegend mit Wohnhäusern. Am Straßenrand parkten wir den Wagen in der Hoffnung, dass man hier parken durfte, und marschierten den Berg wieder runter.

Am Fuße dieses Berges befand sich dann auch schon eine sehr coole Attraktion: Ein Fahrradlift, welcher Menschen mit ihren Fahrrädern den Berg hoch beförderte. (Spätestens jetzt glauben mir hoffentlich alle Leser*innen, dass dieser Berg wirklich verdammt steil war.) Einige Personen versuchten hoch zu kommen, jedoch kam niemand dahinter wie es denn so richtig funktionierte. Dafür bildete sich aber jedes Mal wenn jemand mit dem Rad hoch wollte direkt eine Menschentraube, die ihre Smartphones zückten und auf die Person und ihr Scheitern die Kameras drauf hielten. Schade, dass dieser Lift anscheinend doch nicht so praktikabel ist, aber eine coole Idee ist es auf jeden Fall. Wir spazierten etwas durch die Gegend und machten unsere obligatorischen Fotos auf der alten Stadtbrücke, bevor es wieder zurück zum Auto ging.

Zum Campen fuhren wir auf einen knapp 20km entfernten Campingplatz, welcher eine ziemliche Überraschung mit sich brachte: Obwohl der Campingplatz mitten im nirgendwo war, war er wirklich riesig. Da wir einen verhältnismäßig kleinen Wagen hatten und keinen Stromanschluss brauchten, bekamen wir einen Stellplatz direkt am Fjord. Hier gab es einen kleinen Strand und einen langen Steg mit Sitzgelegenheiten am Ende. Nachdem wir alles aufgebaut haben, fassten wir unseren Mut zusammen und stiegen mit den Füßen in den eiskalten Fjord. So kalt das Wasser auch war, so erfrischend war es auch, vor allem weil das Wasser in den Fjorden ohnehin unglaublich klar und sauber ist. Für das Abendessen setzten wir uns raus auf den Steg und genossen die Aussicht und die saubere Luft. Ich habe im Vorfeld beschlossen mein Abendessen typisch norwegisch zu gestalten und so saß ich da am Fjord, sah die wunderschönen Berge am Horizont und aß Knäckebrot mit Räucherlachs während die letzten Strahlen der Abendsonne auf mich herab schienen. Ja, das war wirklich einer der guten Momente in denen man mit sich ganz im Reinen ist und den Augenblick einfach nur genießt. Kevin ist dann irgendwann wieder zurück zum Auto gegangen um nach Hause zu telefonieren, während ich noch weiter auf dem Steg verweilte. Außer mir haben es sich noch zwei Angler, ein Mann asiatischer Herkunft und ein Norweger, auf dem Steg gemütlich gemacht und ihre Angelruten ausgeworfen. Der Norweger war leider nicht sehr erfolgreich. Das Einzige, was bei ihm anbiss war ein Seestern, den er enttäuscht wieder zurück ins Wasser warf während seine Frau daneben stand und ihn auslachte. Der Asiate hatte mehr Erfolg. Bei ihm biss tatsächlich ein Fisch an. Gekonnt beförderte er ihn auf den Steg und brach ihm das Genick. Dann rief er zwei kleine Mädchen, vermutlich seine Töchter, zu sich, die den Fisch zur Mutter bringen sollten. Da der Fisch noch etwas zappelte, taten sie sich sichtlich schwer damit. Sie kreischten und wichen immer wieder zurück. Mittlerweile war auch Kevin wieder zurück auf dem Steg und verfolgte das Spektakel mit mir zusammen. Wir blieben noch eine ganze Weile gemeinsam auf dem Steg sitzen und schauten uns den malerischen Sonnenuntergang an. So konnten wir den Abend noch einmal richtig genießen bevor uns am nächsten Morgen wieder der Regen einholen sollte.

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