Reisen

Südafrika (2020)

Von Mokhotlong nach Maseru – Ein wahrer Horrortrip

Von Mokhotlong sollte es in die Hauptstadt Lesothos, Maseru, gehen. Nun hat Lesotho natürlich nicht gerade die beste Infrastruktur. Der Mitarbeiter in unserer Unterkunft erzählte uns aber von einem Bus der ein Mal am Tag von Mokhotlong aus nach Maseru fährt und zwar immer um 08:00 Uhr früh. Wir baten also bereits um 07:00 Uhr frühstücken zu können und der Mann rief uns für 07:20 Uhr ein Taxi, das uns zum Busbahnhof bringen sollte, der eigentlich nicht sehr weit entfernt war, aber voll beladen mit unseren Taschen waren wir doch froh über den fahrbaren Untersatz. Natürlich war am nächsten Tag um 07:00 Uhr noch niemand vor Ort. Schließlich fanden wir nach einiger Suche die Dame, die sich um das Essen kümmerte und es gab ein etwas merkwürdiges Erlebnis. Die Dame fragte ob es auf die Schnelle reicht, wenn wir Müsli essen und wir stimmten zu. Wir hatten gerade auf die Schnelle aufgegessen, es war bereits 07:15 Uhr, da kam die Dame auf einmal mit frisch zubereiteten Burgern zu uns und platzierte sie vor uns auf den Tellern. Dies war eine etwas merkwürdige Situation. Ich bedankte mich und fragte ob wir die Burger nicht stattdessen als Reiseproviant mitnehmen könnten worauf sie uns zum Glück Lunchboxen überreichte.

Mehr oder weniger gestärkt ging es also zum Busbahnhof, wo der Bus tatsächlich schon bereit stand. Anscheinend war es ein ausrangierter südafrikanischer Bus, an den Seiten waren noch Beschriftungen in Afrikaans, und wer die Busse aus Südafrika kennt, der kann sich gut vorstellen in was für einem Zustand dieser Bus war. Ein Mann kümmerte sich darum das Gepäck der Mitreisenden zu verladen, während zwischen den Sitzen Händler hin und her liefen und Snacks und Getränke verkauften. Natürlich waren wir mal wieder die einzigen Weißen weit und breit. Eine kleine positive Überraschung gab es zu Beginn der Fahrt. Der Bus fuhr tatsächlich pünktlich in Mokhotlong los. Uns wurde gesagt, dass er zwischen 15:00 und 16:00 Uhr in Maseru ankommen sollte, was für knapp 300km und den überraschend gut ausgebauten Straßen Lesothos schon eine sehr lange Fahrt bedeutete, bei dem Zustand des Busses aber keine Verwunderung auslöste. Bis dahin waren wir nun schon einiges gewohnt was Verkehrsmittel in verschiedenen Ländern ausgeht. Dabei denke ich zum Beispiel zurück an die Minibusse in Peru, die in einem solchen Tempo durch die Anden preschten, dass man drei Kreuze machte, wenn man am Ende heile am Ziel ankam. Dieser Bus war das exakte Gegenteil davon. Er war langsam. Sehr langsam. So ging es in Schrittgeschwindigkeit über die Hochebene Lesothos. An dieser Stelle möchte ich gerne auf die Atmosphäre in diesem Bus eingehen. Durch die Boxen, die passenderweise über den Sitzen befestigt waren, dröhnte auf voller Lautstärke stundenlang ein und das selbe Lied in einer Endlosschleife. Wir setzten uns um auf Plätze über denen die Box kaputt war, um dem Lärm etwas zu entkommen. Dies hinderte die Dame hinter uns leider nicht daran fleißig mit zu singen und das über mehrere Stunden hinweg. Zwischenzeitlich wurde in den Kofferraum auch ein lebendiges Schaf verladen (moment mal, so etwas hatten wir doch auch schon mal in Peru 😉 ). An dem besagten Tag war es unglaublich warm und der Bus gut gefüllt und sehr schlecht belüftet, was dazu führte dass sich sehr schnell ein unangenehmer Schweiß-Geruch gepaart mit dem Geruch der in der Hitze vor sich hin vegetierenden Snacks in dem Bus ausbreitete. Zu allem Überfluss wurde Kevin immer blasser und murmelte, dass es ihm nicht gut ginge was darin resultierte, dass er sich im Bus übergeben musste (zum Glück hatten wir schnell eine Tüte zur Hand!). Kurz gesagt: Die Fahrt war die Hölle. Argwöhnisch betrachtete ich das Tempo des Busses, der noch immer in Schrittgeschwindigkeit fuhr. Da stimmt doch etwas nicht, dachte ich mir. Leider lag ich damit goldrichtig. Sollten wir eigentlich zwischen 15:00 und 16:00 Uhr ankommen, so waren wir gegen 14:00 Uhr noch nicht einmal bei der Hälfte der Strecke. Langsam breitete sich wieder die typische Kommen-wir-noch-vor-Einbruch-der-Dunkelheit-an-Panik in mir aus, die mich mit fortlaufender Zeit und beständiger Schrittgeschwindigkeit des Busses gepaart mit Kevins besorgniserregendem Gesundheitszustand an den Rande des Nervenzusammenbruchs brachte.

Kurz vor 15:00 Uhr fuhr der Bus plötzlich links ran und blieb stehen. Eine Zeit lang passierte gar nichts. Dann kam der Mann der die Tickets kassierte nach vorne und begann etwas auf Sesotho zu verkünden. Die Leute um uns herum begannen ihn anzubrüllen und sich mit ihm zu streiten und mittendrin saßen wir. Die komischen weißen Touristen, die kein bisschen Sesotho sprachen und einfach nur noch fertig waren mit dieser Welt. Es dauerte etwas bis der Streit zwischen dem Mann und den Passagieren sich legte. Schließlich kam er zu uns und erklärte uns mit gebrochenem Englisch, dass der Bus kaputt sei. Auch das noch. Ich blickte auf mein Handy, nur um zu sehen, dass wir mitten im Nirgendwo waren und hier noch nicht einmal Empfang herrschte. Und selbst wenn, wen hätten wir anrufen können? An wen hätten wir uns wenden können? Wir versuchten den Mann zu fragen was nun passieren würde, aber sein Englisch war leider zu schlecht, als das er uns oder wir ihn verstehen könnten. Ich beobachtete aus dem Fenster heraus wie einige Männer versuchten das rechte Vorderrad auszuwechseln, jedoch daran scheiterten. Schließlich betrat einer von ihnen wieder den Bus und kam zu uns um uns zu erklären, dass sich der Bus nicht reparieren lässt und ein Ersatzbus kommen wird. Zusammen mit den anderen Passagieren stiegen wir aus. Die Männer hatten bereits angefangen das Gepäck aus dem Kofferraum zu laden. Verzweifelt standen wir einige Zeit am Straßenrand. Natürlich war weit und breit kein Ersatzbus zu sehen und Handyempfang war noch immer Fehlanzeige. Verständigen konnten wir uns auch mit niemandem. Einzig und allein der Mann der uns erklärt hatte, dass ein Ersatzbus kommen würde, schien Englisch zu sprechen. Er hatte jedoch alle Hände voll zu tun damit das Gepäck aus zu laden, hektisch herum zu telefonieren und die aufgebrachte Menge an Passagieren zu beruhigen. In unserer Verzweiflung packten wir unsere Rucksäcke und versuchten eines der Taxen, die natürlich ein Geschäft witterten und direkt anfingen die Straße immer wieder auf uns ab zu fahren auf der Hoffnung auf Fahrgäste, zu uns zu winken. Wir boten den Fahrern hübsche Sümmchen dafür, dass sie uns bis nach Maseru fahren würden, doch keiner von ihnen war bereit dies zu tun, da Maseru viel zu weit entfernt sei. Noch immer saßen wir also mitten in Lesotho fest mit einem kaputten Bus, einer aufgebrachten Sesotho-sprechenden Menge und ohne Handyempfang. Ich machte drei Kreuze, als dann doch mehrere Minibusse kamen, die als Ersatz für den kaputten Bus organisiert wurden und die uns endlich an unser Ziel bringen sollten. So quetschten wir uns in einen der Minibusse. Wir wären aber nicht in Afrika, wenn wir nun einfach losfahren würden. Das Problem war, dass auch das Gepäck der Reisenden verstaut werden musste. Unsere Rucksäcke waren da glücklicherweise noch recht handlich. Bei einer Gruppe an Damen sah es anders aus. Sie reißen mit einem riesengroßen Haufen an 5-kg Eimern gefüllt mit Joghurt und natürlich musste auch der Joghurt mit nach Maseru. Während wir nun alle halb glücklich halb verzweifelt dicht beieinander im Bus saßen, versuchten die Fahrer verzweifelt den Joghurt zu verstauen. Am Ende hatte jeder über seinem Kopf und unter seinem Sitz jeweils einen Joghurteimer. Gleichzeitig hatten mehrere Fahrgäste noch Joghurteimer auf den Knien und der gesamte Mittelgang war mit Joghurteimern zugestellt. In die Mitte, direkt mitten Kevin, legten die Fahrer noch einen großen Gastank und deuteten Kevin an den doch bitte zu halten. Als wir nun endlich los fuhren, ließ sich unsere Situation folgendermaßen zusammenfassen: Ich war mit den Nerven am Ende, Kevin war krank, überall war Joghurt und Kevin hielt einen Gastank in seinen Händen. Im Gegensatz zum großen Reisebus, gab der Minibus entsprechend Gas, sodass die restliche Fahrt erstaunlich problemlos lief. Wie schon bei unserer Fahrt nach Mokhotlong, beobachtete ich unsere Route per GPS auf dem Smartphone und rief laut “Stop!”, als wir in der Nähe unserer nächsten Unterkunft waren, die wir beim Einsetzen der Dämmerung gerade noch rechtzeitig erreichten.

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