Reviews

Serien Review: Cowboy Bebop Live Action

Inhalt/Content

Wer mich kennt weiß, dass ich ein großer Cowboy Bebop Fan bin. Nicht nur finde ich, dass es das beste Anime aller Zeiten ist, ich schaue mir jährlich alle 26 Episoden der Serie an und besitze davon die Bluray Gesamtbox, die Mangas und sogar das Gesellschaftsspiel.

Über die Jahrzehnte gab es immer wieder Gerüchte, dass es gerade von diesem auch im Westen beliebten Anime mal eine Live Action Adaption geben soll. Oft blieb es aber nur bei den Gerüchten wie als es hieß dass Keanu Reeves Spike Spiegel spielen sollte. Das war bereits Ende der 2000er. Das Projekt wurde nie richtig in Angriff genommen, weil es einfach zu aufwendig gewesen wäre und man nie genug Geld dafür hätte aufbringen können. Damit es gut aussehen müsste, hätte man mindestens so viel Geld reinstecken müssen wie in andere Sci-Fi Franchises wie “Star Wars” oder “Star Trek”. Die einzige Serie, die Anfang der 2000er gedreht wurde und sehr viele Parallelen zu Cowboy Bebop hat, ist “Firefly”. Leider wurde diese nach einer Staffel abgesetzt und hatte auch technisch so ihre kleinen Probleme. Erst ein späterer Film, der die Story grob zu Ende gebracht hat, konnte zeigen, wie gut die Serie hätte aussehen können.

Knapp 20 Jahre nach dem Anime hat dann 2018 Netflix angekündigt eine Live Action Serie zu Cowboy Bebop zu produzieren. Die Freude über diese Neuigkeit war meinerseits leicht gedämpft. Einerseits freute ich mich zwar, dass es nun doch endlich zu einer Live Action Produktion kommt und Netflix als große Firma hierbei auch sicher genug Geld reinfließen lassen kann, andererseits hat Netflix in den letzten Jahren auch oft genug bewiesen, wie gut sie Anime-Franchises als Realverfilmungen gegen die Wand fahren können. So stellen die neuen “Rurouni Kenshin” Filme zwar sehr gute Umsetzungen dar, während “Fullmetal Alchemist”, “Bleach” und besonders “Death Note” eher als Reinfälle gelten. Sie sind zwar grundsätzlich nicht so schlecht wie vergleichsweise “Dragonball Evolution” oder “Die Legende von Aang”, aber haben doch sehr viel potenzial verschenkt.

Nachdem es dann um die 3 Jahre (natürlich auch Corona-bedingt) eher ruhig war um die Live Action Adaption, kamen dann 2021 die ersten Trailer und die ganze Serie folgte im November. Im Folgenden möchte ich unter den Aspekten Style (der sehr wichtig ist bei Cowboy Bebop!) und Story meine Meinung abgeben. Zum Schluss folgt wieder ein zusammengefasstes Fazit.

Style

Cowboy Bebop ist eine Anime-Serie, die sehr stark von ihrem Style lebt. Sei es die eingebundene Popkultur mit aktuellen Themen, das charakteristische Opening oder der durchweg gelungene Soundtrack. Bei einer Neuauflage oder Fortsetzung des Franchise hat man dann natürlich Sorgen, dass diese Sachen fehlen könnten oder gar schlecht neu interpretiert würden. Ein negatives Beispiel hierfür wäre die DVD-Kollektion der deutschen Anime-Fassung, wo man nicht alle Lieder in der Serie lizensieren konnte und es deshalb zu komischen Schnitten und Neuvertonungen in bestimmten Folgen kam (zum Glück aber nicht im Bluray-Release).

All diese Bedenken lagen aber bei der Netflix Live Action Adaption nicht vor, denn man hat praktisch den ganzen Soundtrack des Originals übernommen, teilweise neu abgemischt oder hier und da auch erweitert. Dies wurde direkt hervorgehoben, indem schon im September 2021 das Opening als Trailer gezeigt wurde. Dabei entsprach es 1:1 dem Original des Animes, nur mit realen Darsteller*innen. Als die Realserie dann aber im November startete, gingen die Meinungen schnell auseinander. Woran lag es?

Obwohl der Style meistens gut getroffen war und auch die Schauspieler*innen wirklich gut in ihren Rollen glänzten, funktioniert er doch nicht immer so gut wie in der Anime-Vorlage. Viele Szenen wirken zu “bunt” und nicht ganz so “trist” oder “heruntergekommen” wie in der Anime-Vorlage. Die Serie wurde zum größten Teil in der Hafenstadt Auckland in Neuseeland gedreht, was durchaus passend ist in vielen Folgen, aber nicht ganz die Varietät der Planenten und Monde des Originals widerspiegelt. Damit einhergehend ist auch der Mangel an Flug- und Weltraumszenen. Diese stellten im Anime immer kleine Highlights dar, während sie im Live Action oft fehlten. In vergleichbaren Anime-Folgen, wie “Rettet die Wasserratten” (“Gateway Shuffle”), wo das Finale im Weltraum bei den Gates stattfand, hat man die Live Action Version ohne Flugeinlagen umgeschrieben.

Hingegen gut festgehalten wurden die Slapstick-Einlagen der Charaktere selber. Spike isst oft nur seine Fertignudeln, Jet regt sich über die Instandhaltung der Bebop auf und Faye ist frech und zieht meistens nur ihr eigenes Ding durch. Besonders die Streitigkeiten zwischen den Hauptcharakteren wurde immer gut inszeniert. Ein, als Hund und Maskottchen der Crew, hatte hierbei vielleicht etwas wenig Bildschirmzeit, aber die “Blooper” bei den Extra-Szenen zeigen auch, dass es nicht einfach war mit Corgis zu arbeiten.

Ein anderes wichtiges Element aus der Originalvorlage sind die Kampfszenen. Spike ist dafür bekannt “Jeet Kune Do” auszuüben (Kampfkunststil von Bruce Lee), während Jet und Faye eher auf schmutzigen Straßenkampf bauen. Man hat sich in der Live Action Serie schon bemüht diese Elemente auch einzubauen, nur leider merkt man an den eher langsamen Reaktionen und den vielen Schnitten, dass die Schauspieler keine Meister der Kampfkunst sind. Dies wurde aber meist durch den Spaß und das natürliche Verhalten der Charaktere in verschiedenen Szenen wieder wett gemacht, weshalb die Besetzung der Darsteller*innen dennoch recht gelungen ist.

Weiterhin konnten viele Szenen vom Anime aber sehr gut in das Reale übertragen werden. So wurde der Kampf zwischen Vicious und Spike in der Kirche in der gleichen Atmosphäre nachgestellt oder auch der Charakter Mad Pierrot hat eine düstere verrückte Darstellung bekommen, die ebenfalls nicht leicht aus dem Anime zu verwirklichen war und hier sehr gut getroffen wurde.

Handlung

Die Handlung unterscheidet sich in drei grundlegenden Aspekten von der Anime-Vorlage: 1) Sie behandelt (bisher) nur die halbe Serie des Animes, 2) der Fokus liegt viel stärker auf dem Syndikat und 3) die Episoden werden in einer anderen Reihenfolge abgehandelt. In folgenden Absätzen möchte ich kurz auf die Vor- und Nachteile dieser Aspekte eingehen.

Ansich ist es erst einmal recht unproblematisch, dass die Reihenfolge der Episoden im Vergleich zum Anime leicht umgeändert wurde. Während die ersten Folgen sich noch relativ nah an das Anime halten, z.B. wie Faye und Ein zur Crew hinzustoßen, werden danach oft Inhalte aus dem späteren Teil der Serie behandelt. Da aber bereits das Original sehr episodenartig war und nur selten einen Handlungsstrang gezeigt hat, der sich im Hintergrund durchzieht, ist es auch nicht weiter schlimm, dass man sich hier Freiheiten genommen hat.

Durchaus anders und kontrovers gesehen ist der viel stärkere Fokus auf dem Syndikat. Praktisch 1/3 bzw. fast die Hälfte jeder Folge handelt von Vicious und Julia. Während Vicious im Anime nur hier und da mal eine Folge spendiert bekam und charakterlich ziemlich undurchsichtig in seinen Handlungen und seinem Charakter wirkte, kam Julia im Anime sogar erst in den letzten zwei Folgen vor. In der Live Action Serie hat man den Spieß rumgedreht und beide sehr in den Vordergrund gerückt, wodurch Spikes Vergangenheit auch viel gründlicher thematisiert wird. Das ist durchaus interessant, weil man sich viele Fakten von Spike bisher nur denken konnte, während sie dieses mal richtig erklärt werden. Leider verliert Vicious dadurch seinen gewissen mysteriösen und coolen Zauber, weil man ihn praktisch viel zu häufig sieht und fast schon jeden seiner Beweggründe in Frage stellen kann. Dies ändert sich auch bis zum Ende der ersten Staffel nach 10 Folgen nicht, aber bringt doch noch einen Twist am Ende, der sich vom Anime klar unterscheidet und die Story sogar viel interessanter für eine zweite Staffel macht. Dennoch hat das Anime gerade durch seine abwechslungsreichen Kopfgeldjagden geglänzt, die aber leider durch den Fokus auf das Syndikat oft verkürzt dargestellt wurden. Wie bereits unter dem Aspekt “Style” berichtet, wurden deshalb auch einige Flugszenen gestrichen.

Ein dritter Punkt, der für sich gesehen nicht tragisch ist, aber für Fans wohl auch zu einem frühen Abbruch der Serie geführt hat, ist das Fehlen von dem Hackerkind Ed. Die Live Action Serie besitzt nur 10 Folgen und spiegelt auch nur ca. 13 Folgen, also die Hälfte, des Animes wieder. Da Edward Wong Hau Pepelu Tivruski IV (kurz Ed) im Anime erst ab Folge 9 auftaucht, hat man sich auch in der Live Action Serie entschieden diesen erst ganz zum Schluss (neben wenigen Cameo-Auftritten) einzubinden. Da dieser aber Fan-Liebling ist, war das wohl nicht die beste Strategie. Für eine zweite Staffel wäre Ed direkt der erste wichtige Hauptcharakter gewesen, aber in dieser ersten Staffel blieb der “Erfolg” mit ihm leider aus.

Fazit

Die Cowboy Bebop Live Action Serie zeigt in vielerlei Hinsicht, dass sie dem Original gerecht wird. Das spiegelt sich in der Musik, in tollen und spannenden Szenen und besonders an den Schauspieler*innen wieder, die viel Einsatz und Spaß in die Serie gesteckt haben. Leider fehlt es hier und da an den ikonischen Flugszenen und Weltraumgeschichten, die Platz machen mussten für eine neu interpretierte Syndikatsgeschichte, die erst gegen Ende interessant wird. Eine zweite Staffel könnte noch viel besser werden, besonders wenn Fan-Liebling Ed in der Crew mitspielt, doch leider wurde (nach jetzigen Stand) die Serie wegen zu wenig Einschaltquoten von Netflix abgebrochen und es wird wohl leider nie zu einer zweiten Staffel kommen.

Meine Bewertung: ★★★★☆

  • Style wurde meistens gut übernommen oder weiterentwickelt
  • Schauspieler*innen passen zu Rollen und spielen diese leidenschaftlich
  • interessante Wendungen und Änderungen, die die Story als Neuinterpretation einzigartig machen
  • mühselig erzählte Syndikatsgeschichte
  • großteils fehlende Flugszenen auf Planeten oder im Weltraum
  • manchmal verbesserungswürdige Szenerie oder Choreografie